Zwangsheirat und Verschleppung: Die Schulpatin Sonja Fatma Bläser spricht am Lüttfeld-Berufskolleg über Gewalt gegen Frauen

Setzt sich für die Rechte von Frauen und Mädchen ein: Die Aktivistin Sonja Fatma Bläser am Lüttfeld-Berufskolleg.

Lemgo. Am 24.06.2019 war Sonja Fatma Bläser zum inzwischen vierten Mal zu Seminaren oder Workshops an unserer Schule, herzlich begrüßt vom Schulleiter Manfred Kreisel, und zum zweiten Vortrag von der ehemaligen Schulsprecherin Dilan Kalasch.Seit 2018 ist Sonja Fatma Bläser unsere Schulpatin im Zusammenhang des bundesweiten Netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, in dem das Lüttfeld-Berufskolleg angeschlossen ist. Sonja Fatma Bläser hielt diesmal zwei Vorträge zu dem aktuellen Thema Zwangsheirat und Verschleppung. In der von ihr gegründeten und geleiteten Beratungsstelle „Hennamond“ in Köln geht es auch um Themen wie Antisemitismus, Gewaltprävention, Rollenbilder und patriarchalische Strukturen. An den Veranstaltungen nahmen Schülerinnen und Schüler der Internationalen Förderklassen, der Ausbildungsvorbereitungsklassen und der Berufsfachschulen des Lüttfeld-Berufskollegs teil. Vom HANSE-Berufskolleg war eine Internationale Förderklasse anwesend.

In ihren Vorträgen berichtete Sonja Fatma Bläser eindrucksvoll und authentisch, wie sie als Kind von Ostanatolien nach Deutschland kam und wieviel Gewalt sie als Kind und junge Frau erlebte. Aktuell bezog sie sich auf einen großaufgemachten Bericht in der Lippischen Landeszeitung vom 20.06.2019 mit dem Titel „Zwangsheirat: Mädchen droht Verschleppung in den Ferien“, der laut Hilfsorganisationen Lehrerinnen und Lehrer zur Wachsamkeit auffordert, um zu verhindern, dass Schülerinnen (und Schüler!) nach den Ferien gegen ihren Willen in ihren Herkunftsländern bleiben. Sonja Fatma Bläser hob hervor, wie häufig sich junge Menschen an ihre Kölner Beratungsstelle wenden und wie schwierig es größtenteils ist, sie nachhaltig zu unterstützen – droht ihnen doch als Strafe für ihre Aufsässigkeit mindestens der Totalausschluss aus ihrer Familie, und allzu häufig massive psychische und physische Gewalt. Genaue Statistiken über das bundesweite Ausmaß des Problems gibt es nicht, laut dem oben genannten Pressebericht schätzt das Bundesfamilienministerium, dass jedes Jahr in Deutschland hunderte Mädchen zwangsverheiratet werden. Als Ursachen für diese archaische Form von Gewalt gegen Frauen werden verfestigte traditionelle Vorstellungen von Familienehre genannt, diese Betroffenen stammen in der Regel aus Familien und kulturellen Zusammenhängen mit strengen patriarchalischen Strukturen und Wertvorstellungen, begründet werden sie häufig mit religiösen Vorschriften oder Traditionen.

Die Vorträge von Sonja Fatma Bläser mit konkreten Fallbeispielen führten unter den Schülerinnen und Schülern zu regen, teils auch sehr kontroversen Diskussionen, die aber genau so von Frau Bläser gewollt waren. Einige junge Männer mit Migrationshintergrund vertraten nachdrücklich, z.B. als Brüder seien sie selbstverständlich zuständig für die Verhaltenskontrollen ihrer Schwestern, diese könnten mit Rücksicht auf die Familienehre nicht einfach tun und lassen, was sie wollten. Sonja Fatma Bläser hatte dazu den klaren Hinweis für die Frauen im Raum, „nicht auf diese Jungs zu hören“ und ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Die Vorträge wurden in den teilnehmenden Klassen nachbereitet und führten auch dort zu sehr kontroversen und emotionalen Diskussionen - in den internationalen Förderklassen, z.B. in der AG-Integration. Wichtig ist, dass Lehrerinnen und Lehrer in enger Zusammenarbeit mit den Schulsozialarbeiterinnen am Lüttfeld-Berufskolleg und HANSE-Berufskolleg betroffenen Schülerinnen für vertrauensvolle Gespräche zur Verfügung stehen; natürlich in strikter Wahrung des Verschwiegenheitsgebotes. Das Lüttfeld-Berufskolleg bedankte sich sehr herzlich für das Engagement von Sonja Fatma Bläser und möchte sie im kommenden Schuljahr wieder sehr gerne zu Workshops und Vorträgen einladen. Sie sagte spontan zu.