Unterrichtskonzepte in Zeiten zunehmender Digitalisierung: Ein SOL-Lernkongress am Lüttfeld-Berufskolleg

Der SOL-Kongress am Lüttfeld-Berufskolleg: Der Referent Ulrich Haas (Mitte) vom „Net Based Learning Institute e.V.“ im Gespräch mit den Kongress-Teilnehmern Jakob Rempel (links) und Carsten Sundermeier.

Lemgo. Am Lüttfeld-Berufskolleg des Kreises Lippe in Lemgo fand ein SOL-Lernkongress statt, an dem Lehrerinnen und Lehrer regionaler und überregionaler Berufskollegs teilnahmen, um sich über neueste Erkenntnisse, Konzepte und Trends in der Planung und Durchführung von Unterricht vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung zu informieren. SOL steht für „Selbstorganisiertes Lernen“. Schülerinnen und Schüler sollen im Rahmen des SOL-Unterrichts dazu motiviert werden, ihre eigenen Lernprozesse individuell und selbständig zu gestalten. Der Schulleiter Manfred Kreisel hob in seiner Ansprache zur Eröffnung des Kongresses hervor, dass sich das Lehren und Lernen verändern müsse, wenn Schulen zukunftsfähig sein wollen: „Vormachen und Nachmachen sind weder in der Schule, noch im Betrieb geeignete Methoden, um nachhaltig zu lernen, zu reflektieren und den Transfer auf neue Herausforderungen zu vollziehen“, betonte der Schulleiter. Im Rahmen des Kongresses sprach der Autor und Referent Ulrich Haas vom „Net Based Learning Institute E.V.“ aus Berlin über den Zusammenhang von „SOL und Digitalisierung“. Seine These lautete, dass Individualisierung, Kompetenzorientierung und Digitalisierung im Unterricht eine neue Didaktik benötigen, was er im Rahmen seines Vortrags näher erläuterte. Ansonsten müsse man von einer „Pseudo-Digitalisierung“ sprechen, so der Referent. Anschließend waren die Kongress-Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu eingeladen, sich auf einem „Markt der Möglichkeiten“ über SOL-Lernarrangements am Lüttfeld-Berufskolleg zu informieren und mit SOL-Kolleginnen und -Kollegen ins Gespräch zu kommen. Es wurden Materialien aus unterschiedlichen Bildungsgängen und verschiedenen Fächern vorgestellt. Außerdem berichteten Schülerinnen und Schüler des Lüttfeld-Berufskollegs über ihre SOL-Erfahrungen und gaben Einblicke in ein Lernatelier, wo das Lernen nach SOL-Konzepten praktiziert wird. Insgesamt kam der SOL-Lernkongress bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sehr gut an. Viele praktische und theoretische Anregungen boten Möglichkeiten, eigene Unterrichtskonzepte zukünftig weiterzuentwickeln. Ein herzliches Dankeschön an alle, die zum Gelingen des SOL-Lernkongresses beitrugen, insbesondere an das Organisationsteam unter der Leitung der Stellvertretenden Schulleiterin Ines Fleck und der Beauftragten für SOL am Lüttfeld-Berufskolleg Inge Dahl. Ein großer Dank gilt nicht zuletzt Dr. Angelika Heil von der Stiftung Standortsicherung Kreis Lippe für eine großzügige finanzielle Unterstützung, die wesentlich zum Gelingen des SOL-Lernkongresses beitrug.

Die Lippische Landeszeitung berichtet: „Der Anfang war hart“, erinnert sich Inge Dahl. Heraus aus der Komfort-Zone, rein in die neue Lernkultur. Seit gut acht Jahren unterrichten Teile des Kollegiums am Lüttfeld-Berufskolleg nach der SOL-Methode. SOL – das steht für Selbstorganisiertes Lernen im Unterricht und soll es den Schülern ermöglichen, sich Wissen anzueignen. Wobei, um Missverständnisse vorzubeugen: Der Lehrer bleibt weiterhin gefragt Er begleitet die Schüler, überprüft, gibt Hilfen und bietet Vorträge an. Die Schüler aber werden stärker in den eigentlichen Lernprozess eingebunden, wie die stellvertretende Schulleiterin Ines Fleck erklärt. Ebenso wie Inge Dahl ist sie SOL-Coach am Berufskolleg und von der Lernmethode überzeugt. Die setzt verstärkt auf Gruppenarbeit. Die Schüler finden sich in Teams zusammen, arbeiten mit unterschiedlichen Methoden unterschiedliche Themen auf. Einem Puzzle gleich wird das Wissen später zusammengefügt. Bei Bedarf ist individuelles Nacharbeiten mit Hilfe des Lehrers gefragt. Das System funktioniert gut, sind die beiden Lehrerinnen überzeugt. So gut, dass sie in den vergangenen Jahren immer mehr Kollegen vom SOL überzeugen konnten. Etwa 40 aus dem 134 Köpfe zählenden Kollegium sind mittlerweile dabei. Um weiteren Input zu erfahren, hatten sie vor kurzem zum SOL-Kongress ins Lüttfeld eingeladen. Mit dabei war auch Experte Ulrich Haas, der Bücher zum Selbstorganisierten Lernen geschrieben hat. Die Resonanz war groß, freut sich Ines Fleck. 44 externe Kooperationspartner der Schule und 30 Lehrer des Berufskollegs nahmen an der Fortbildung teil, hörten das Referat von Ulrich Haas und stellten ihre individuelle Arbeit an Stellwänden vor. Ausdrückliches Lob gab es dabei von Ulrich Haas für die Arbeit am Berufskolleg. „Sie sind sehr weit“, attestierte er den Kollegen, die es als Ansporn nehmen, noch mehr Lehrer am Lüttfeld für das SOL zu begeistern. Gefragt sind bei der Methode Lehrer und Schüler gleichermaßen: Auf dem Punktekonto bewertet der Pädagoge Fortschritt, Mitarbeit oder auch zielführendes Arbeiten – reine Anwesenheit bringt keine Punkte, erklärt Ines Fleck, warum es bei manchen Schülern auch zu Irritationen kommen kann. Letztlich fordere die Gruppenarbeit aber das Engagement, zeige frühzeitig, wo es gegebenenfalls noch Defizite gibt, und das zahle sich so für alle Beteiligten aus. Gefordert sind aber auch die Lehrer. Sie müssen bereit sein, bekannte Strukturen hinter sich zu lassen. „Wir arbeiten viel mehr im Team“, erklärt Inge Dahl. Die neue Aufbereitungsform habe gerade am Anfang viel Arbeit und auch etliche Überstunden erfordert. „Das war hart, doch jetzt profizieren wir davon.“ In Zukunft wollen sie verstärkt auch das digitale Lernen mit SOL verknüpfen. Mit Lernplattformen und Tablets ergäben sich viele neue Möglichkeiten, und auf die, versichert Ines Fleck, „freuen wir uns schon“. (zitiert nach: Katrin Kantelberg, Schüler lernen zu lernen, Das Lüttfeld-Berufskolleg setzt auf ein neues Unterrichtsmodell, bei dem vor allem Teamarbeit gefragt ist. Für die Umsetzung gibt es Lob vom Experten, in: Lippische Landeszeitung, 5. Februar 2020, S. 17)