Über die Vielfalt der Lebensformen - Abschlussfeier zur Vergabe des Abiturs 2021 am Lüttfeld-Berufskollegs

Abitur 2021 am Lüttfeld-Berufskolleg: Die Absolventinnen mit dem besten Abischnitt (von links) Marlene Manz, Anna Marie Löhr, Cora Bögeholz und Tina Lippert mit dem Schulleiter Manfred Kreisel (Mitte) und der Bildungsgangleiterin Synke Rothe (rechts).

Lemgo. Insgesamt 59 Absolventinnen und Absolventen der Beruflichen Gymnasien des Lüttfeld-Berufskollegs erhielten im Rahmen einer bunten Feierstunde in der Sporthalle der PHOENIX CONTACT Arena ihre Abiturzeugnisse aus den Händen des Schulleiters Manfred Kreisel. Zum vielfältigen Programm der Feierlichkeit gehörten die Abiturrede des Schulleiters, die Ansprachen der Abiturientinnen Lucy Harbron und Lara Schließauf sowie die Wortbeiträge der Klassenleitungen Yvonne Budde, Christian Krome und Christian Rohe. Der Klassenlehrer Hannes Mehner griff zur Westerngitarre und gab seine Gedanken als „singer songwriter“ humorvoll und hitverdächtig zum Besten. Auch die Schülerband des Lüttfeld-Berufskolleg lockerte das Programm mit musikalischen Superhits auf. Die Bandmitglieder Dario Beckmann (Bass), Patrick Gaudl (Gitarre), Majd Tashtiba (Gitarre), die Sängerinnen Joy-Larissa van Gom und Vivian van Gom sowie die Lehrkräfte Miriam Bonefeld (Klavier) und Jens Wegen (Schlagzeug) überzeugten beispielsweise mit dem eindrucksvollen Coversong „7 Years“ der dänischen Gruppe „Lukas Graham“, der eine Lebensgeschichte schildert über die Kindheit und das Erwachsenwerden – eindrucksvoll und stimmgewaltig gesungen von den „Van Gom Sisters“.

Die beiden Abiturientinnen Lucy Harbron und Lara Schließauf gaben einen bemerkenswerten Rückblick auf ihre Schulzeit am Lüttfeld-Berufskolleg und auf die Auswirkungen, die durch die Corona-Pandemie hervorgerufen wurden. Beide Absolventinnen bedauerten sehr, dass ihre Klassenfahrt nach London leider nicht stattfinden konnte, obwohl sie sich seelisch schon auf das Leben in einem Hostel mitten in der Hauptstadt des Vereinigten Königreiches mit 10-Bett-Zimmer eingestellt hatten. Darüber hinaus bedauerten die beiden, dass aufgrund der Pandemie der Präsenzunterricht nicht immer stattfinden konnte. Gleichwohl merkten sie an, dass sie den Online-Unterricht gut bewältigt und sich auch mit Videokonferenzen und Online-Abgaben ordentlich auf die Abiturprüfungen vorbereiten konnten. Sie sprachen einen großen Dank an die Schulleitung, an die Bildungsgangleiterin Synke Rothe „für die Organisation und Begleitung durch unser Schulleben“ und an die Lehrerinnen und Lehrer aus und brachten Wünsche für den Abiturjahrgang zum Ausdruck: „Vor allem wünschen wir uns für uns alle, dass jeder seinen eigenen Weg findet, der ihn glücklich macht und erfüllt, dass jeder den Mut besitzt, auch mal Risiken einzugehen, dass jeder von uns mit schlechten Erfahrungen umzugehen lernt und eigene Fehler akzeptiert, ohne zu verzagen!“

Der Schulleiter ging in seiner Abiturrede der Frage nach, wie man sich vor Stress und Aufgeregtheit bewahren und ein selbständiges Leben führen kann. In diesem Zusammenhang zitierte er das Gelassenheitsgebet des US-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr, in dem es heißt: „Gott, gibt mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Gelassenheit und Besonnenheit sollen dazu beitragen, auch in heiklen Situationen eine innere Ruhe und einen kühlen Kopf zu bewahren. Aktuelle gesellschaftspolitische Bezüge stellte der Schulleiter mit der Regenbogenfahne her, die in zahlreichen Kulturen weltweit als ein Symbol für Aufbruch, Veränderung und Frieden steht und als ein Zeichen für Toleranz und Akzeptanz, der Vielfalt von Lebensformen, der Hoffnung und der Sehnsucht gilt. Zudem forderte er die Absolventinnen und Absolventen auf, Visionen zu entwickeln und sich Ziele setzen, die ihnen helfen sollen, das Leben zu meistern. In diesem Sinne wünschte Manfred Kreisel: „Alles Gute für die Zukunft!“ Schließlich begann die Ehrung für die Absolventinnen und Absolventen, die das englische Cambridge-Zertifikat erworben oder sich beim Schulsanitätsdienst des Lüttfeld-Berufskollegs engagiert hatten. Die Abiturzeugnisse wurden vom Schulleiter jeweils mit einer Rose und besten Glückwünschen übergeben. Ein Sektempfang rundete die unterhaltsame Feierstunde ab.

Die Lippische Landeszeitung berichtet: „Lehrer Hannes Mehner war der Star des Nachmittags: Nicht nur, dass er an den Drums den mitreißenden Sound der Schülerband unterfütterte, zusätzlich griff er zur Klampfe und präsentierte eine humorige Eigenkomposition, die das Publikum schier entzückte. Auch in seiner Rede für die Abiturienten des Lüttfeld-Berufskollegs gab der Humor den Ton an. So bescheinigte er seinen Schützlingen eine amtliche Reife, „die die Eltern zu Hause vielleicht noch nicht so bemerken“. Und er forderte seine Schüler auf, ,,nebenbei die Welt zu retten“. Allerdings müsse in diesem Augenblick niemand einen Plan für die Zukunft haben. Schulleiter Manfred Kreisel griff diesen tröstlichen Gedanken auf und baute ihn aus. „Jeder ist wertvoll durch das, was er ist, nicht durch das, was er kann.“ Jeder Mensch trage seinen Wert in sich, unabhängig von der Leistung, die er erbringe. Die Beurteilung einer Leistung dürfe niemals auf ein Urteil über die Person hinauslaufen. Und Mehners humorige Anspielung auf den Weltrettungsgedanken in Tim Bendzkos Song „Nur noch kurz die Welt retten“ erdete der Schulleiter so: „Die Welt ist nicht heil. Das wäre eine Illusion. Aber sie ist heilbar.“ Im Facharbeitermangel sah Kreisel für die Abiturienten seiner Schule „große persönliche Chancen“. Sie hätten mit dem Abi „einen hohen Berg erklommen“ und müssten jetzt planen, wohin sie wollen. Die Kraft liege in jedem Menschen. Er müsse nur die Angst überwinden. Lehrer Christian Rohe, hob die Ski-Klassenfahrt als Highlight hervor: „30 Pisten runter“, das habe Zielbewusstsein und Durchhaltevermögen geschult. Dazu lieferte er die Weisheit eines klassischen Denkers: „Der Ziellose erleidet sein Schicksal, der Zielbewusste gestaltet es.“ Gesundheitslehrerin Yvonne Budde konnte der Pandemie, die den Schulunterricht mehr als ein Jahr lang beeinträchtigt hat, Positives abgewinnen: Abstrakte Themen wie die Epidemiologie, die sonst nur schwer über die Schultische gingen, wären wegen ihrer Aktualität höchst lebendig rübergekommen – weil Unterricht plötzlich erlebbar geworden sei. Schülerin Lara Schließauf freute sich in ihrer Rede, das Abitur nun „in der Tasche zu haben“, versicherte aber, dass die Lehrer „keinen Punkt geschenkt haben“. Lucy Harbron machte dem Publikum deutlich, welch „große Aufregung“ die Abi-Prüfung unter Pandemie-Bedingungen verursacht habe. Trotzdem, oder gerade deswegen, würden alle Schüler ihre Klassenlehrer in Zukunft sehr vermissen. Vier Abiturientinnen haben die Prüfung mit einer Eins vor dem Komma geschafft (1,0 bis 1,4): Marlene Manz, Anna Marie Löhr, Cora Bögeholz und Tina Lippert. Sie wurden am Ende der Feierstunde besonders geehrt.“ (zitiert nach: Hajo Gärtner, Viermal die Eins vor dem Komma, Die Schüler am Lüttfeld haben das Abi in der Tasche, in: Lippische Landeszeitung, 29.6.2021)