Eine Exkursion zum „Lernort Berlin“ von Klassen des Beruflichen Gymnasiums für Gesundheit und Soziales des Lüttfeld-Berufskollegs

Eine Studienfahrt des Lüttfeld-Berufskollegs zum „Lernort Berlin“: Ein Klassenfoto vor dem Reichstagsgebäude mit dem Schriftzug „DEM DEUTSCHEN VOLKE“!

Lemgo. Drei Klassen des Beruflichen Gymnasiums für Gesundheit und Soziales des Lüttfeld-Berufskollegs unternahmen eine Bildungsfahrt zum „Lernort Berlin“, um die deutsche Geschichte und die bundesdeutsche politische Gegenwart zu erkunden. Die Fahrt wurde vom Verein „Gustav Stresemann Institut e.V.“ in Bonn organisiert, der sich zum Ziel gesetzt hat, insbesondere durch Jugend- und Erwachsenenbildung politisches Verantwortungsbewusstsein zu stärken sowie die europäische Einigung und internationale Zusammenarbeit zu fördern. Begleitet wurden die Schülerinnen und Schüler des Lüttfeld-Berufskolleg von den Lehrkräften Yvonne Budde, Benedikt Mönig, Synke Rothe und Michaela Stock, die den Aufenthalt in Berlin sehr gut managten und den Jugendlichen auch die Möglichkeit gaben, die große Stadt in kleinen Gruppen individuell zu erkunden.

Während der Fahrt ging es um das „Kennenlernen des Erinnerten“ und das „Lernen aus der Erinnerung“: Dabei reichte die zeitgeschichtliche Spanne von der Ära des Nationalsozialismus über den Kalten Krieg, die Wiedervereinigung bis zur Gegenwart und umfasste damit die politischen Gegensätze des vergangenen Jahrhunderts von Diktatur bis zur (parlamentarischen) Demokratie. Zu den Lernorten gehörten die „DDR-Grenzübergangstelle Marienborn als Schauplatz des Ost-Westkonflikts im geteilten Deutschland“, eine kommentierte Rundfahrt zu politischen und historischen Schauplätzen in Berlin, das „Anne Frank Zentrum“ und die „Neue Synagoge Berlin“, die „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“, Bunkeranlagen aus der Zeit des Nationalsozialismus und des Kalten Krieges, „Hohenschönhausen – die zentrale Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) der DDR“ und der „Deutsche Bundestag“.

Einige Impressionen: Eine Schülerin war zum Beispiel von dem Besuch eines Bunkers sehr beeindruckt. „Am Mittwoch besuchten wir einen U-Bahn-Bunker aus der Zeit des Kalten Krieges. Dieser liegt acht Meter unter der Erde, aber besitzt nur eine Deckendichte von 80 cm. Dort ist es sehr kühl und dunkel. Der Bunker sollte beim Ausbruch eines Notfalls fast 4000 Menschen schützen. In ganz Berlin gab es etwa 23 Bunker für etwa 30000 Personen. Das bedeutet, dass nur etwa ein Prozent der Bevölkerung Schutz gefunden hätte. Der Bunker war darauf ausgelegt, dass die Menschen im Notfall bis zu 14 Tage dort ausharren konnten. Zu den wichtigsten Ressourcen zählten Sauerstoff, Flüssigkeit und Toiletten. Der Sauerstoff wurde durch Luftschleusen in den Bunker gepumpt. Um die Druckwellen beim Aufprall einer Bombe abzuschwächen, wurden die Wände des Bunkers zickzackartig aufgebaut.“

Eine andere Schülerin berichtet vom Besuch im „Stasi-Gefängnis“: „Wir fuhren nach Hohenschönhausen, wo wir uns die zentrale Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR angeschaut haben. Der Tag war als Projekttag angelegt und wir wurden in drei Gruppen eingeteilt – nach Zufallsprinzip. Erst begann jedoch unsere Führung mit einem Zeitzeugen, welcher selbst mit 19 Jahren in dem Gefängnis inhaftiert war. Wichtig zu wissen ist, dass zu der damaligen Zeit niemand wusste, dass sich an dieser Stelle in der Stadt eine Stasi-Gefängnis befand und vor allem, was sich hinter den hohen Mauern abspielte. Es gab einen Teil in dem Gefängnis, der nannte sich „U-Boot“. Er befand sich im Keller und die Zellen hatten keine Fenster und es brannte zu jeder Zeit das Licht. Die Gefangenen wurden oft nachts verhört und hatten so keinen Schlaf. Oft wurde auch von den Aufsehern und Stasi-Mitarbeiten physische Folter angewandt, damit die Betroffenen andere Menschen verraten. Unter anderem erzählte uns der Zeitzeuge von einem 14-jährigen Mädchen, das ein Wahlplakat mit einem Porträt von Stalin beschmiert hatte und dafür 10 Jahre im Gefängnis verbrachte, was meiner Meinung nach unzumutbar ist, wenn man die Umstände vor Augen hat, die in der damaligen Zeit in dem Gefängnis herrschten. Dann zeigte uns der Zeitzeuge einen Teil des Gefängnisses, dem Neubau, in welchem er selbst seinen Aufenthalt verbringen musste. Er zeigte uns die Zellen und man merkte, dass dort etwas bessere Umstände herrschten als im Keller. Außerdem sagte er uns, dass dort eher der Focus der Stasi auf die psychische Folter gelegt wurde, jeder Gefangene sollte denken, er wäre allein in dem Gefängnis und viele Inhaftierte wurden auch unter Druck gesetzt, indem deren Familien bedroht wurden. Nach der Führung des Zeitzeugen begann dann die Projektarbeit, die aus drei Teilen bestand. Zuerst gab es ein Zeitzeugeninterview, dann sollten wir uns eine Ausstellung über das Stasi-Gefängnis ansehen und anschließend sollten wir in Gruppen Quellen und Sachtexte analysieren. All dies gab uns einen tiefen Einblick in diesen Ort und in die Geschichte der DDR.“

Das Anne-Frank-Zentrum hat eine weitere Schülerin sehr beeindruckt: „Wir besuchten das Zentrum und bekamen eine Führung, wir wurden über die Lebensgeschichte von Anna Frank und über die Entstehung des bekannten Tagebuchs aufgeklärt. Im Anschluss gab es einen Workshop. In einzelnen Gruppen haben wir über aktuelle antisemitische Vorfälle in Deutschland diskutiert. Mit vielen Eindrücken und Informationen ging es dann in die „Neue Synagoge“ in die Oranienburger Straße. Nicht nur von außen ist die Synagoge mit ihrer goldenen Kuppel sehr imposant, sondern auch im Inneren ist sie sehr eindrucksvoll. Während einer Führung konnten wir mehr über die Geschichte der Synagoge erfahren und auch den Gebetsraum ansehen.“

Zum Abschluss der Fahrt stand ein Besuch im Deutschen Bundestag an. Die Gruppe nahm an einer Plenarsitzung über den Bundeswehreinsatz in Mali teil und hatte anschließend ein Gespräch mit der lippischen Bundestagsabgeordneten Kerstin Vieregge und der Bundestagsabgeordneten Diana Stöcker, die ein ordentliches Mitglied im Gesundheitsausschuss ist. Im Großen und Ganzen war die Bildungsfahrt „ein sehr eindrucksvoller Ausflug, bei dem wir alle etwas mitgenommen haben“, wie die Reisegruppe abschließend feststellte.